Ich war auf einer Kryptoparty. Jetzt hasse ich meine Metadaten.

Das habe ich jetzt davon, dass ich auf eine Kyptoparty gegangen bin: Ich weiß jetzt, dass ich eine unbedarfte Metadatenschleuder bin, ich habe ein schlechtes Gewissen und Angst vor HTML-Wanzen. Aber ich bin dankbar für die Denkanstöße zu einem erhöhten Datenbewusstsein, das noch vor dem ganzen Verschlüsseln von größter Wichtigkeit ist.

Kryptoparty

Ich war erstaunt, dass in meiner kleinen Landgemeinde Alfter überhaupt erstmals zu einer Kryptoparty eingeladen wurde. Ich war sehr neugierig und quasi der einzige externe Besucher der Veranstaltung, die im Gasthof der Ortschaft Witterschlick (ca. 6.000 Einwohner) stattfand. Aber das Piratennest, in das ich stieß, war rührend besorgt, dass ich dem Austausch über Metadaten folgen konnte.

Die Kryptoparty in Alfter-Witterschlick war die zweite Veranstaltung der Piratenpartei Rhein-Sieg, die sich im Sommer einer bundesweiten Aktion zur Schulung von Bürgern im Bereich Datensicherheit und Verschlüsselungstechniken angeschlossen hat. Ihr erster Digitaler-Erste-Hilfe-Kurs zum Schutz der Privatsphäre im Internet hatte im August in der Stadt Siegburg stattgefunden und war stärker öffentlich beworben worden. Unter den damals rund 25 Teilnehmern waren neben Parteimitgliedern etwa zur Hälfte interessierte Bürger.

„Es ist ein abstraktes Thema“, meinte der Rhein-Sieg-Vorsitzende Martin Zieroth bei der Begrüßung der kleinen Runde mit weniger als zehn Teilnehmern. „Aber spätestens, wenn etwas schief läuft, kommt die Frage auf, wie man sich besser schützen kann.“ Das Aufklärungsangebot richtet sich dabei nicht nur an interessierte Bürger. „Auch innerhalb der Partei besteht Bedarf.“

Der erste große Fehler: eine Mailadresse für alles

Um konkrete Verschlüsselungstechniken ging es an diesem Abend nicht, sondern um all die Metadaten, die man beim Surfen und in sozialen Netzwerken streut. Piratenmitglied Michael Hilger zeigte beispielsweise anhand einer Graphik, welche Rückschlüsse allein auf das Kontaktnetzwerk möglich sind, wenn man sich in zwei sozialen Netzwerken anmeldet und dabei dieselbe E-Mailadresse benutzt. Eine Mailadresse für alles ist der erste große Fehler. Mein piratiger Tischnachbar hat 25 E-Mailadressen. Weiterlesen

Ich lasse mir die Lust am Vernetzen nicht nehmen!

Die Enthüllungen darüber, in welchem Ausmaß unser Netz ausspioniert wird, hat mich sehr verstört. Doch Totstellen ist keine Lösung. Gerade der Vernetzung verdanke ich Informationen, Aufklärung und Denkanstöße für meine Meinungsbildung und eigene Konsequenzen. Ich schätze die Onlinekultur des Austauschs und des Teilens auch im persönlichen Bereich. Aber ich werde sicherlich stärker als bisher darüber nachdenken, ob und wo ich private Informationen über anzapfbare Leitungen freigebe.

Mit Brief und Siegel

Ich bin aktuell etwas dankbar über die Gnade der frühen Geburt, die mir das Internet erst spät beschert hat. Zum einen hat sich der überwiegende Teil meines Lebens samt jugendlichem Leichtsinn noch offline abgespielt. Zum anderen hat mich technische Überforderung bei aller Neugier mit Zurückhaltung gewappnet.

Inzwischen bin ich keine digitale Null mehr. Das war gewollt. Dass aber Dritte meine Privatsphäre und meine vermeintliche Eigenverantwortung nach Belieben aushebeln, war mir in diesem Umfang bisher nicht bewusst. Das umfassend mögliche Tracking meiner Datenspuren und ihre Aggregation führen meine Selbstbestimmung ad absurdum. Ich weiß nicht, wer was wann und warum mit meinen Daten macht. Ich bin wütend.


Nur was tue ich jetzt? Einerseits bin ich nicht bereit, meine Vernetzung im Internet einem Klima der Angst zu opfern. Andererseits sehe ich mich aktuell zu Konsequenzen gezwungen, wenn sich der Schutz meiner Persönlichkeitsrechte auf die Wahl zwischen online und offline beschränkt. Weiterlesen