+++EIL+++ Biografie von Renate Bergmann wird Pflichtlektüre für Journalisten

Die Biografie von Online-Omi Renate Bergmann wird zur Pflichtlektüre in der Journalistenausbildung. Das haben der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und der Deutsche Journalisten-Verband einvernehmlich beschlossen. Wichtige Rahmenbedingungen für die Zukunft der Medienbranche sind in dem Buch umfassend erläutert – von Fragen zur Verifizierung über Ideen für das Entrepreneurship bis hin zu Tipps im Umgang mit Trollen. Begleitend zur Lektüre wird der Konsum von Schnaps empfohlen.

Renate Bergmann

Eilmeldungen

Die Jagd nach Aufmerksamkeit und Klicks durch das Raushauen von Eilmeldungen endet nicht selten mit Spott und Häme der Nutzer. Zahlendreher, falsche Schreibweisen von Namen und die Korrektur von vorher vollmundig verkündeten Katastrophen nagen an der Seriösität von Medien. Übereiltes Handeln ist kein guter Ratgeber, findet auch Renate Bergmann.

Ich weiß noch, als Fräulein Deubert sich zum 85. Geburtstag von mir den Schal gewünscht hat … Kurz vorher ist sie dann gestorben, und ich saß da mit meinem Schal … Das passiert mir nicht noch mal! Seitdem kaufe oder stricke ich immer erst kurz vor dem Fest.

Geschwätz von Politikern

Die Worthülsen von Politikern sind Legende. Mit Nebelkerzen sind sie ständig auf einem guten Weg, obwohl der natürlich alles andere ein Spaziergang ist, und selbst wenn ein Machbarkeitskorridor in Sicht ist, müssen erst einmal alle Fakten auf den Tisch, damit man draußen den Menschen reinen Wein einschenken kann. Und was steckt hinter dem Geschwurbel? Renate Bergmann redet Klartext.

Was die einem so erzählen vom Sparen. Lassen Sie sich nichts von denen vormachen, da wird nur geschummelt. Die reden vom Sparen, aber hören Sie mal genau hin. Sparen heißt heutzutage, dass sie weniger Schulden machen. Das ist so, als wenn man zu dick ist und dem Arzt sagt: „Ich nehme nächstes Jahr zwei Kilo weniger zu als dieses Jahr.“

Print lebt

Der Rückgang des Anzeigengeschäfts und der Abonnentenzahlen bedrohen das Printgeschäft, doch tapfer setzt man darauf, dass gedruckter Premium Content zumindest am Wochenende eine geneigte Leserschaft finden wird. Ob das Wochenende dafür ausreicht, ist noch offen. Aber Zeitungen sind noch anderweitig nützlich, weiß Renate Bergmann.

Ich habe Schmierseife, für schlimme Flecken Gallseife, und die Fenster mache ich mit Zeitungspapier und Spiritus blank. Aber es muss richtige Zeitung sein, nicht so bunte Werbeprospekte.

Honorare aufbessern

Die Honorierung freier Journalisten ist ein Dauerärgernis. Es gibt zwar inzwischen Allgemeine Vergütungsregeln, aber wo kämen wir hin, wenn sich alle Verlage daran hielten. Was die Erstattung von Auslagen angeht, führen kreative Lösungen weiter als unerfreuliche Verhandlungen. Zum Aufbessern des Honorars beim Besuch von Flusskreuzfahrten empfiehlt Renate Bergmann Tupperdosen fürs Buffet.

Gertrud und ich haben Frischhaltedosen gekauft und an den Tagen darauf immer ein paar Scheiben mehr vom Aufschnitt geholt, das fiel gar nicht auf. In der Kabine hatten wir einen kleinen Kühlschrank, in dem wir die Wurst bis zum nächsten Landgang deponierten. Wir haben den Aufschnitt an Ilse und Kurt geschickt, die die Päckchen eingefrostet haben, bis wir wieder zu  Hause waren.

Crowdfunding

Zur Finanzierung von Qualitätsjournalismus suchen Journalisten nach Geschäftsmodellen und haben das Crowdfunding entdeckt. Viele kleine Finanzierungsbeiträge von Spendern werden zu Bausteinen für den Aufbau einer Existenz. Dem Überlebensglück lässt sich auf Kosten der Allgemeinheit auch anderweitig nachhelfen. Renate Bergmann hat das mit ihrer Freundin Gertrud beim Besuch von Beerdigungen wildfremder Menschen überwiegend erfolgreich durchgezogen.

Mindestens einmal im Monat gehen wir auf eine, auf der wir eigentlich niemanden kennen … Zwei Omas mehr oder weniger, da guckt keiner so genau hin … Wir gehen auch nicht mit ans Grab, sondern sehen zu, dass wir zügig zur Gaststätte kommen … Einmal ist es schon passiert, dass der Kellner uns wiedererkannt hat. Das war sehr peinlich. Er hätte aber bestimmt nichts gesagt, wären wir nicht mit unseren Tupperdosen an die kalten Platten gegangen, noch bevor die Witwe das Buffet eröffnet hat.

Verifizierung

Das Überprüfen von Nachrichtenquellen gehört zu den Sorgfaltspflichten von Journalisten. Ist das Foto echt oder ein Fake? Sind die Umfragen und ihre Ergebnisse seriös oder dummes Zeug? Das Abschreiben voneinander ist ja beliebt, doch genaue Recherche bringt mitunter Erstaunliches ans Tageslicht. Eine Tugend, die man durchaus auch in Bezug auf Werbequatsch perfektionieren kann. Renate Bergmann hat das ausprobiert.

Auf dem Nutellaglas steht „75 Gramm gratis“. Glauben Sie das bloß nicht. Sie können sich gar nicht vorstellen, was die im Edeka für ein Theater machen, wenn man das ablöffelt.

Entrepreneurship

Zeitungen werden eingestellt, Online-Angebote verschwinden, Redaktionen brechen weg. Wer als Journalist überleben will, muss unternehmerisch denken lernen. Heißt es. Bei der Suche nach Marktlücken sollte man erfinderisch denken, Expertentum zeigen und mit dem Selbstmarketing nicht zimperlich sein. Wie unkonventionelle Geschäftsmodelle funktionieren, hat Renate Bergmann herausgefunden.

Kurt hatte den Einfall, und es klappte ganz prima: Er hat Angelschnur an eine Pfandflasche gebunden. Wir haben einen Markt ein paar Straßen weiter, das ist der Pfandautomat in einem kleinen Extraraum. Ilse und ich standen Schmiere. Währenddessen hat Kurt die Flasche an der Angelsehne in den Automaten geschoben und zog sie immer wieder raus. Pro halbe Stunde schafften wir an die 90 Euro, wenn wir nicht gestört wurden.

Die Zukunft des Journalismus 

Landauf, landab zerbricht sich die Branche den Kopf über ihr Selbstverständnis, die Wege zur Leserschaft und die Monetarisierung von Inhalten. Liveticker gibt es natürlich kostenlos, aber brauchen wir die? Mit Hintergrund und Einordnung können Medien schon eher ihr Profil schärfen. Ob ein Brennpunkt über Hitze im Sommer dazugehört, ist noch nicht abschließend geklärt. Renate Bergmann jedenfalls setzt Prioritäten.

Nachrichten gucke ich auch nicht. Wissense, wenn wirklich was Wichtiges ist, kommt nach der Tagesschau ein „Brennpunkt“. Früher habe ich ja noch wegen des Wetterberichts und der Telelottozahlen Nachrichten geguckt, aber das habe ich jetzt alles als App. Und für den Wetterbericht verlasse ich mich lieber auf meine Zipperlein. Die sagen mir zuverlässiger, ob es Regen gibt.

Umgang mit Trollen

Genervte Redaktionen sollten sich auf ihren Social-Media-Kanälen nicht mehr alles gefallen lassen. Diskutieren, überzeugen, höflich bleiben ist ja ganz schön, bringt bei notorischer und neurotischer Trollerei in den Kommentarspalten wenig. Jetzt wird zurückgetrollt. Renate Bergmann kennt sich damit aus.

Wenn der Frühling kommt und bei ALDI die Stiefmütterchen im Angebot sind, schlage ich zu. Bei vier Gräbern mit jeweils 24 Pflanzen kommen am Ende, wenn das Pflänzchen auch nur einen Groschen billiger als bei der Konkurrenz ist, 10 Euro zusammen … Vorletztes Frühjahr wollte mir die Kassierrin dumm kommen und die Pflanzen nur in haushaltsüblichen Mengen abgeben … Der habe ich aber was erzählt. Wenn es einer Renate Bergmann an die Ehre geht, kann sich die Schlange auch durch die ganze Kaufhalle ziehen … Ganz kleinlaut war die Kassierin am Ende, als sie mir meine Stiefmütterchen sogar noch eingewickelt hat.

Lügenpresse

Der Ausdruck Lügenpresse ist zum Unwort des Jahres 2014 gekürt worden. Die pauschale Diffamierung der Medien geht natürlich nicht in Ordnung, aber geschmummelt wird ja manchmal doch. Das hat auch Renate Bergmann bei einem Blick hinter die Kulissen ihrer Lieblingssendung „Musikantenwiesn“ erfahren.

Es war eine so schöne Sendung. Musik zum Schunkeln, zum Mitsingen, ach, richtig was fürs Herz. Trotzdem war ich enttäuscht, wie man doch beschupst wird. Wir saßen ja ganz dicht dran und bekamen es genau mit – die Musikanten singen alle gar nicht. Sie bewegten nur die Lippen.

Paid Content

Um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, muss man sich schon etwas einfallen lassen. Mogelpackungen sind schnell durchschaut, und dann sind die Käufer weg. Von Renate Bergmann für Euch getestet.

Wir sollten Decken kaufen aus Kamelhaar und Töpfe, die so viel Strom sparen, dass man fast noch was rauskriegt – ach, den ganzen Plunder, den sie gutgläubigen alten Leuten andrehen wollen auf solchen Fahrten. Ich kaufe nie etwas. Ich bin vielleicht alt, aber nicht blöd.

Storytelling

Storytelling ist ja zurzeit groß in Mode, besonders in der Variante multimedial. Fehlen nur noch die Ideen für eine gute Story. Renate Bergmann hat da eine Lösung.

Aber wissense, was? Jetzt genehmige ich mir ein Körnchen. Dann bin ich nicht so verklemmt und erzähle Ihnen mal ein paar Sachen über die Ehe, die Liebe und … na, Sie wissen schon 😉


 

Renate Bergmann alias Torsten Rohde ist 82 Jahre alt und hat die Mauer, vier Ehemänner und 217 Folgen „Denver Clan“ überlebt. Ihre Lebenserfahrungen hat sie in einem Rowohlt Taschenbuch „Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker“ aufgeschrieben und gibt sie gerne weiter: „Es kommt nicht immer alles, wie man es erwartet und sich vorstellt.“

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